#0: Trailer: „Frauenfragen – Der Podcast mit Mari Lang“
Frühling 2020. Beginn der Corona-Pandemie. Ich ziehe mir die Laufschuhe an und trabe im Takt von Taylor Swifts Musik durch den Wald. „I’m so sick of running as fast as I can, wondering if I’d get there quicker, if I was a man.“ Nach dem Joggen hallen die Worte in meinem Ohr nach. Die Corona-Krise hat die Gleichberechtigung von Frauen nicht voran getrieben. Im Gegenteil. Wie eine klassische Hausfrau aus den 50er Jahren serviere ich meinem Mann im Lockdown das Mittagessen, beschäftige untertags die Kinder und sortiere abends die Wäsche. Ich bin in Kurzarbeit. Er nicht. „‚Cause, if I was a man, then I’d be the man“.
Ein simpler Popsong, der mich aufwühlt. Ich lese, dass Taylor Swift vergangenes Jahr 30 Jahre alt geworden ist und in einem Interview gefragt wurde, wann sie denn vorhabe eine Familie zu gründen. Ich lese von der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern, die gleich mehrmals gefragt wurde, ob sie für ihre politische Karriere auf eine Familie verzichte und von unzähligen anderen bekannten Frauen, denen in Interviews klassische Frauenfragen gestellt werden. Die auf ihr Geschlecht reduziert werden und deren Qualifikation meist zweitrangig ist. „I’m so sick of running as fast as I can, wondering if I’d get there quicker, if I was a man“.
Und dann habe ich eine Idee. Was, wenn man das Setting einfach umdreht? Die Realitäten umkehrt? Was, wenn man die Männer auch mal nur zu ihrem Äußeren befragt – ob sie Angst vor dem Älterwerden haben und welche Hautpflege-Routine sie betreiben? Was, wenn man sie fragt, wie es ist in einer Männerdomäne zu arbeiten, und wie sie das eigentlich hinkriegen mit Kind und Karriere? Was, wenn sie mal über Themen nachdenken müssen, die so gar nicht in ihrem Kompetenzbereich liegen? Und, was, wenn das zu mehr Verständnis, zu mehr Aha und Oho und vor allem zu mehr Gleichberechtigung führen könnte? „They wouldn’t shake their heads and question how much of this I deserve. What I was wearing, if I was rude“.
Ich will, dass sich etwas ändert. Ich will, dass (meine) Mädchen in einer Welt aufwachsen, in der sie dieselben Möglichkeiten haben wie Jungen. „Geh bitte“, werden jetzt einige sagen. „Es ist doch eh schon viel passiert.“ Stimmt. Jahrzehntelang haben Frauen hart für die Gleichberechtigung gekämpft – für das Frauenwahlrecht, für das Recht auf Abtreibung, dafür ein eigenes Konto eröffnen und ohne Erlaubnis des Ehemannes arbeiten gehen zu dürfen. Alles selbstverständlich mittlerweile. Warum also Kraft und Energie mit so etwas Anstrengendem, wie dem Ruf nach Gleichberechtigung verschwenden? Weil wir immer noch Lichtjahre davon entfernt sind. Als ich Mutter wurde knallte ich in meiner Galaxie gegen einen Haufen Meteoriten. Plötzlich funktionierte das 50:50 im Haushalt nicht mehr, und wenn das Kind krank wurde, blieb natürlich ich daheim. Auch im beruflichen Kontext wurde ich mit einem Mal auf mein Mutterdasein reduziert. „So kurz nach der Geburt moderierst du schon wieder? Du hast aber einen tollen Mann“, war nur eine der Aussagen, die ich zu hören bekam. „They would toast to me, oh, let the players play. I’d be just like Leo, in Saint-Tropez“.
Da steh ich nun also und will reden. Mit Männern. Weil sie Teil des Problems sind. Weil ich will, dass sie erkennen, dass Gleichberechtigung nur miteinander geht. Dass Feminismus nichts Schreckliches ist, das sie wie ein Virus befällt und zwingt Abstand zu halten. Im Gegenteil. Feminismus, wie ich ihn verstehe, will, dass wir zusammenrücken, will die Gesellschaft zu einer besseren machen – für Frauen und Männer. Will den Männern den Platz im Privaten anbieten, der ihnen, wodurch auch immer, bisher verwehrt blieb. Will ihnen die Möglichkeit geben als kompetente Väter und Care-Arbeiter wahrgenommen zu werden. Immerhin hört man oft von 70-jährigen erfolgreichen Managern, dass sie es bereuen so wenig Zeit mit ihren Kindern verbracht zu haben. Aber Feminismus fordert gleichzeitig auch – Platz für Frauen im Öffentlichen, gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit, Teilzeitarbeit für Frau und Mann, u.v.m. Das ist mitunter anstrengend und unbequem, aber es bietet Chancen für beide Seiten. Und, es ist die Grundlage meines Gesprächs, meines Experiments. „Frauenfragen – Der Podcast mit Mari Lang“.
„And it’s all good if you’re bad and it’s okay if you’re mad“.
Zitate: Taylor Swift – „The Man“
„Frauenfragen – Der Podcast mit Mari Lang“ ist unabhängig. Damit das weiterhin so bleiben kann, bitte ich dich um eine kleine finanzielle Unterstützung. Denn auch qualitativ hochwertige Arbeit im Netz sollte ihren Wert haben. Und feministische sowieso!
UnterstützenKommentare
-
Matthias
Liebe Mari,
so eine tolle Idee und so spannende Interviews!
Regt sehr zum Nachdenken an! Eigentlich unglaublich, dass in unserer Gesellschaft und auch im Unterbewusstsein diese Rollenbilder – noch immer – so stark verankert sind. Ich denke, dass zwar oft schon eine Bereitschaft da ist, etwas zu verändern, aber durch die Meinungen des Umfeldes, Möglichkeiten im Job, persönlicher Bequemlichkeiten (so traurig das auch klingt), oder auch einfach aufgrund der fehlenden Vorstellungskraft, dann noch zwei, oder drei Hürden zu nehmen sind.
Besonders da ich Selbstständig bin und nächstes Jahr Papa werde, hat mich das Interview mit Ali Mahlodji sehr inspiriert!
Vielen Dank für die interessanten Interviews und die toll ausgewählten Interview-Partner.
Ich konnte viele Anregungen und Inputs dadurch mitnehmen!
🙂
Veronika
großartig sagt eine die deine großmutter sein könnte….vor allem mit witz und humor und gleichzeitig knallhart und wunderbar schlagfertig….tolle mischung!
kompliment!
viel erfolg!
der assinger kommt aber ganz gut rüber….ist nicht auf den mund gefallen und du hast ihn trotzdem gut erreicht und zum nachdenken gebracht……bin begeistert!
Danke